Forschungsprojekte
Forschungsprojekte sind ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit und tragen zur Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuches bei. Die Kölner Japanologie legt daher sehr großen Wert auf die Bearbeitung von verschiedenen Forschungsthemen.
Hier finden Sie Informationen zu aktuellen und bereits abgeschlossenen Forschungsprojekten.
Die Neuordnung des Wissens (DFG)
Zur Genese "Nationalsprachlicher Lexika" (kokugo jisho) und der Kommerzialisierung von "Wissen" im Ôsaka des 17./ 18. Jahrhunderts
Prof. Dr. Stephan Köhn
Förderzeitraum: März 2020 - April 2025
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bildete sich in Japan ein neues Lexikon-Genre heraus, das es dem Benutzer ermöglichte, die korrekte Schreibweise eines Begriffs mit den entsprechenden chinesischen Schriftzeichen zu ermitteln. Angeordnet nach dem klassischen iroha-Silbenalphabet und unterteilt in einzelne Themenfelder (mon 問), stand die effiziente Recherche im Vordergrund. Dies spiegelt sich auch in der Bezeichnung dieser Nachschlagewerke als setsuyōshū 節用集 („Sammlungen für den zeitsparenden Gebrauch“) wider. Im Zuge der rasanten Verbreitung des Holzblockdruckes im Kontext privatwirtschaftlicher Aktivitäten des 17. Jahrhunderts avancierte das Genre schnell zu einem bedeutenden Eckpfeiler des expandierenden Buchmarktes und konkurrierte aufgrund der Einbindung von Inhalten enzyklopädischen Charakters (furoku 付録) zunehmend auch mit anderen Vertretern der sogenannten Ratgeberliteratur. Das Genre der setsuyōshū war bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts von Bedeutung und brachte in seiner rund 450 Jahre währenden Geschichte über 800 Titel hervor.
Das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsprojekt „Die Neuordnung des Wissens“ möchte sich anhand einer umfassenden Analyse und Kontextualisierung eines setsuyōshū diesem besonderen Genre widmen. Im Fokus steht dabei das erstmals 1716 durch die Verleger Aburaya Yohē (Ōsaka), Tennōjiya Ichirōbē (Kyōto) und Suharaya Mohē (Edo) herausgegebene Otoko setsuyōshū nyoi hōju taisei 男節用集如意宝珠大成 („Das vollendete Wunschjuwel: Die zeitersparende Sammlung für den Mann“). Dieses nimmt aufgrund zahlreicher Eigenheiten, die nicht nur in der genderspezifischen Konzeption liegen, einen besonderen Stellenwert innerhalb des Genres ein. So bricht der Kompilator Yamamoto Joshū bewusst mit der bis dahin üblichen parallelen Darstellung der Einträge des Lexikonteils in Standard- (kaisho 楷書) und Konzeptschrift (sōsho 草書) und verwendet anstelle von Letzterer die Kursivschrift (gyōsho 行書). Weitaus bedeutender ist jedoch die Tatsache, dass viele Einträge des Lexikonteils ausführliche Erläuterungen enthalten, fehlerhafte oder alternative Schreibungen ausweisen, dialektale Varietäten erwähnen oder konkrete Quellenbelege anführen. Es scheint daher legitim, vom Vorhandensein einer sprachreflexiven Metaebene zu sprechen, wodurch sich das Otoko setsuyōshū nyoi hōju taisei von anderen Werken desselben Genres unterscheidet.
Literarische Artikulation des Atomaren (DFG)
Die gespaltene Gesellschaft: Diskursive Konstitution Japans zwischen Atombombe (genbaku) und Atomkraftwerk (genpatsu)
Teilprojekt 1: Literarische Artikulation des Atomaren
Prof. Dr. Stephan Köhn
Förderzeitraum: November 2018 - Mai 2024
Auf den ersten Blick verbindet Hiroshima, Nagasaki (genbaku = Atombombe) und Fukushima (genpatsu = Atomkraft) – die drei nuklearen Katastrophen Japans – zunächst das „Atomare“. Ein etwas genauerer Blick macht aber eine weitere wichtige Gemeinsamkeit sichtbar: ihre besondere Notation im Japanischen. Denn während die drei Ortsnamen noch immer in der üblichen kanji-Schreibweise als 広島, 長崎, 福島 wiedergegeben werden, hat es sich etabliert, die katakana-Schreibweise (ヒロシマ, ナガサキ, フクシマ) zu verwenden, sobald nicht mehr nur die realen geographischen Orte, sondern die damit verbundenen Katastrophen gemeint sind. Diese Praxis beginnt bereits kurze Zeit nach den Abwürfen im August 1945.
Das Projekt besteht aus zwei Teilprojekten, die untersuchen, wie „Texte“ und „Bilder“ das Atom in Form von Atombombe und Atomkraft artikulieren. Dem Teilprojekt mit dem Titel „Alltagskulturell-bildsprachliche Artikulationen des Nuklearen“ widmet sich die Leipziger Japanologie unter der Leitung von Prof. Dr. Steffi Richter. Das Teilprojekt mit dem Titel „Literarische Artikulationen des Atomaren“ wird vom Team der Kölner Japanologie unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Köhn bearbeitet. Im Kern geht es bei diesem Teilprojekt um das literarische Schreiben über die Atombombenabwürfe auf Hiroshima bzw. Nagasaki und seiner Prägung durch verschiedene Steuerungsmechanismen auf Seiten gouvernementaler Akteure. Im Fokus stehen hierbei allerdings nicht einzelne Werke, sondern vielmehr die Atombombenliteratur genbaku bungaku als ganzheitliches literarisches Konzept der Nachkriegszeit.
Lehr-Lern-Materialien für Japanisch als Fremdsprache an Schulen in NRW (Heinrich-Hertz-Stiftung )
Prof. Dr. Monika Unkel
Projektpartnerin: Prof. em. Dr. Junko Majima, Ôsaka University
Projektlaufzeit: Januar 2022 - Januar 2023
Das Projekt untersucht als Beitrag zum Auf- und Ausbau des Unterrichtsfachs Japanisch an nordrhein-westfälischen Schulen die für die Entwicklung geeigneter Lehr- und Lernmaterialien notwendigen Grundlagen. Aufbauend auf den Modellversuch Japanisch (1987–1995) wurde Anfang der 2000er Jahre der Weg geebnet, Japanisch als drittes oder viertes Abiturfach an nordrhein-westfälischen Gymnasien anzubieten. Allerdings ist die derzeitige Situation im Bereich der Lehr- und Lernmittel an den Schulen nicht als zufriedenstellend einzustufen. Es werden entweder in Japan entwickelte Lehrwerke verwendet, die sich eigentlich an erwachsene Lernende richten und die mit den Curricula und Zielsetzungen der Kernlehrpläne nur in geringem Maße kompatibel sind, oder es kommen in Deutschland entwickelte Lehrmaterialien zum Einsatz, die z. T. veraltet oder aus anderen Gründen ungeeignet sind.
Ziel des jetzt beantragten Projekts ist es, durch einen mixed methods-Ansatz die Grundlagen für zeitgemäße Lehr- und Lernmaterialien Japanisch in der Schule zu erforschen. Dabei werden sowohl Dokumentenanalysen (Kernlehrpläne, Lehr- und Lernmaterialien anderer (tertiärer) Fremdsprachen) als auch qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden (Schüler*innen-Fragebogen, leitfadengestützte Interviews mit Lehrer*innen und Referendar*innen sowie Unterrichtsbeobachtungen) eingesetzt.
Lehrmaterialien-Datenbank (The Japan Foundation)
Lehrmaterialien-Datenbank für Japanisch als Fremdsprache an weiterführenden Schulen
Prof. Dr. Monika Unkel
Förderzeitraum: September 2020 - September 2021
Im Rahmen der Fachdidaktik-Kurse im M. Ed. Japanisch werden regelmäßig Unterrichtsentwürfe von den Studierenden entwickelt, die auf die nordrhein-westfälischen Kernlehrpläne für Japanisch angepasst sind. Die Studierenden planen dabei in der Regel eine konkrete Unterrichtsstunde mit Stundenentwurf und den entsprechenden (authentischen) Lehrmaterialien. Bei größeren Projekten werden diese Stundenentwürfe auch in eine entsprechende Unterrichtsreihe eingebettet.
Bislang stehen diese Entwürfe nur den Mitstudierenden zur Einsicht zur Verfügung. Das von der Japan Foundation geförderte Projekt soll sie ab Sommer 2021 auch einem weiteren Kreis von interessierten Nutzer*innen (nach Registrierung) zugänglich machen.
Literarische Figuren in Texten des japanischen Autors Nagai Kafû (DFG)
Figurenmodelle im literarischen und historischen Kontext
Prof. Dr. Stephan Köhn
Förderzeitraum: Dezember 2016 - November 2019
Nagai Kafū (1879–1959) zählt zu den bedeutendsten japanischen Schriftstellern der Moderne. Sein umfangreiches Werk, das durch großen Formenreichtum besticht, bietet dem Leser vielfältige Einblicke in die kulturellen Wandlungsprozesse, die das gesellschaftliche Leben in Japan zu seiner Zeit bestimmten. Darüber hinaus können die von ihm im Rahmen seiner Aufenthalte in Amerika (1903–07) und Frankreich (1907–08) verfassten Texte als literarischer Ausdruck seiner Begegnung mit der Fremde betrachtet werden. Ähnliche Erfahrungen hatten seit der Öffnung des Landes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele japanische Intellektuelle in ihrem Denken geprägt und waren wesentlicher Impulsgeber bei der Suche nach einer eigenen nationalen Identität gewesen.
Bisher hat sich die Forschung überwiegend dem Einfluss fremdsprachiger Autoren auf Kafūs Werk sowie der Untersuchung des kulturkritischen Potentials seiner Schriften gewidmet. Im vorliegenden Projekt soll der Schwerpunkt nun auf einer erzähltheoretischen Analyse liegen. Ziel ist die systematische Erschließung der literarischen Figuren, denen der Leser in den frühen Texten Kafūs, welche im Zusammenhang mit seinen Auslandsreisen entstanden sind, begegnet. Neben einer detaillierten Beschreibung deren narrativer Konstruktion sollen in einem ersten Schritt häufig wiederkehrende Figurenmodelle herausgearbeitet werden. Anschließend wird versucht, diese Modelle über eine kultur- und epochenspezifische Kontextualisierung zu literarisch etablierten Figurentypen und historisch verankerten Menschenbildern in Beziehung zu setzen.